Wegen Überfüllung geschlossen – wenn der Terminkalender überquillt und dem Unternehmen Geld kostet
Kurt Tucholsky sagte einst „Ein voller Terminkalender ist noch lange kein erfülltes Leben“ – ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass ein Termin-Overload für Dauerstress sorgt und wenig produktiv ist. Man sieht das wirklich Wichtige vor lauter Meetings nicht mehr – denn es bleibt schlicht keine Zeit die Informationen aus den Terminen zu verwerten. Nach stundenlangem Problemwälzen bleibt aus den Meetings dann auch genau das übrig: Ein Problem ohne Lösungsansatz. Der Mythos, dass ein voller Terminkalender die Bedeutung einer Person zeigt, hält sich nach wie vor hartnäckig in höheren Positionen – doch führt dieser Dauertermindruck tatsächlich zu mehr Wirksamkeit und Effizienz oder verbrennt er einfach nur wertvolles Geld?
Neulich erzählte mir ein Teamleiter, dass er bereits am zweiten Tag nach seinem Urlaub bis 15:00 schon wieder sechs Termine absolviert hatte. Ich war sein siebter. Er fragte mich, wie er das überhaupt verwerten könne. Ich stellte daraufhin die Gegenfrage: „Woher nimmst du eigentlich den Mut und die Energie, deinen Terminkalender so vollzupacken? Was bringt es dir Gutes, dich so zu überfrachten?“
Kultureller Hintergrund oder eigenes „Verschulden“?
Ein übervoller Terminkalander kann mehrere, vielschichtige Ursachen haben, die es differenziert zu betrachten gilt. Es kann aus dem kulturellen Hintergrund des Unternehmens gewachsen oder der modernen Arbeitswelt geschuldet sein. Auch persönliche Einflussfaktoren spielen eine Rolle, wenn es um die Terminkultur geht. Erfahrungen aus anderen Unternehmen, Glaubenssätze, Haltungen, die eigenen kommunikativen Muster oder das Agieren in einer Doppel-, Dreifach- oder gar Vierfachrolle führen dazu, dass bzgl. der Termine kein Land mehr in Sicht ist.
Aktiv oder passiv – wie gestalten Sie Ihren Terminkalender?
„Mein Terminkalender ist so voll“ – das ist eine Tatsache, die Sie natürlich auf den ersten Blick erkennen. Die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass in Ihrem Terminkalender kein Platz mehr ist, führt wahrscheinlich zu dem Ergebnis, dass Sie einen großen und entscheiden Anteil daran tragen, Ihren Kalender zu füllen. Der Ausstieg aus der Passivität hin zur aktiven Gestaltung der Termine eröffnet neue Möglichkeiten. Erkennen Sie Ihre Verantwortung in diesem Thema, wird Ihnen auch bewusst, dass es in Ihrem Einflussbereich liegt und Sie Wege haben individuelle Lösungen zu finden. Ein Termin taucht nicht plötzlich in Ihrem Kalender auf – Sie haben die Wahl, ob Sie zusagen, absagen oder nur unter Vorbehalt zusagen. Dieser Haltungs-Switch zeigt offen, dass Sie die Entscheidung treffen, wie Ihr Terminkalender aussieht.
Effizienz und Art der Termine
Stundenlanges herumkauen auf Problemen, für die es momentan noch keinen Lösungsansatz gibt, Diskussionen, die ins Leere laufen, der allseits beliebte Satz „Vor lauter Meetings kommen wir nicht zum Arbeiten“ und die wöchentlichen Teammeetings – dabei geht viel Zeit für die wirklich wichtigen Themen verloren. Eine Empfehlung, um die Effizienz von den Terminen durch einen unglaublich kleinen Veränderungsschritt zu steigern, ist mit einer Agenda und einem Ziel zu arbeiten. Durch die gezielte Aufbereitung von Informationen und die Erhöhung der Transparenz kann ein Meeting kürzer oder sogar überflüssig werden. Ein Hinterfragen von Regelterminen, die einfach immer schon so waren, kann ebenfalls wertvolle Zeit freimachen. Stellen Sie sich zum Beispiel Fragen wie: Wozu dienen diese Meetings? Sollen sie nur ein Bild aufrechterhalten oder wird dieses Bild auch umgesetzt? Sind Meetings nur dazu da, Mitteilungen weiterzugeben? Welche Ziele werden mit den Meetings verfolgt? Und was kann ich als Mehrwert zu diesem Termin beitragen?
Haben Sie Denktage?
Das Management ist unter anderem auch dafür verantwortlich, das Unternehmen mit innovativem Denken voranzubringen. Häufig beobachte ich, dass sich in die Arbeitsweise bei Terminen eine Art Automatismus eingeschlichen hat. Das Management ist in Terminen und alles ist ein Termin. Für jeden Termin gibt es einen Anfang und ein Ende. Diese Vorgaben der Terminstrukturen behindern allerding das „anders denken“ – Fortschritt und Innovation sowie neue Weg zu gehen bedeutet aber auch außerhalb von Strukturen zu denken. Ein pünktlicher Beginn, ein festgesetztes Ende und dazwischen genau getaktete Pausen eröffnen in der Regel keine freien Denkräume. Eine Business Development Managerin eines IT-Unternehmens mit Hauptsitz in Schweden sagte mir im Gespräch, dass in der Führungsetage 20% der Wochenplanung „Denktage“ enthalten – ein wie ich finde, sehr spannender Ansatz. Der Denktag fällt in diesem Unternehmen auf einen Freitag, der zur freien Gestaltung gegeben ist. Es gibt keinen Zwang in die Firma zu kommen oder online erreichbar zu sein. Die einzige Aufgabe, die an diesem Tag verfolgt wird, ist über die Organisation und ihre Zukunft nachzudenken. Danach trifft sich das Management in regelmäßigen Abständen für einen halben Tag, um die Ideen zu sammeln, zu priorisieren und in die Umsetzung zu bringen.
Beobachten Sie sich…
Wenn Sie das nächste Mal einen Blick auf Ihren überfüllten Terminkalender werfen, kann es Ihnen helfen, sich einmal folgende Fragen zu stellen:
- Wie lange schaffe ich dieses Pensum noch, ohne gesundheitliche oder psychische Folgen?
- Was waren die Faktoren, die meinen Terminkalender gefüllt haben und welchen Anteil hatte ich daran?
- Inwiefern belastet mich der Dauerterminstress?
- Welche Emotionen schwingen bei Terminen mit, die mich zusätzlich belasten? (z. B. ein Kollege, der jedes Mal auf mich störend wirkt)
- Was genau übt bei mir einen Druck aus, wenn ich auf meinen Terminkalender blicke?
- Was sind Termine, auf die ich mich freue? Kommt Ihnen nur die geblockte Mittagspause in den Sinn, empfehle ich Ihnen zu handeln.
- Bei welchen Themen kann ich mir Unterstützung holen? Wie könnte diese aussehen?
Den Automatismus bei der Terminplanung zu unterbrechen, kostet Anfangs eine Menge Energie aber werden die persönlichen Veränderungen umgesetzt, dann steigt langfristig das Energielevel. Bereits kleine Änderungen haben eine enorme Wirkung – fangen Sie also klein an. Gerne können wir gemeinsam über diese kleinen Veränderungen sprechen und überlegen, was für Sie passend ist, um Ihre Termine effizienter zu planen.