Methoden allein bringen keine Veränderung

Weshalb eine Methode noch kein Garant für eine erfolgreiche Veränderung ist, sondern vielmehr die Haltung den Unterschied macht, erklärt Jutta Reichelt.

Laut Jutta Reichelt verhalte es sich mit Methoden in Unternehmen ähnlich wie mit Kleidungsstücken, die in einen Koffer gepackt werden. Dort lasse sich mitunter einiges finden – von agil über traditionell bis hin zu systemisch. Doch die Methode allein mache noch keine Veränderung, vielmehr gehe es darum, mit welcher Haltung sie zum Leben erweckt werde. Arbeite das Team beispielsweise nicht beweglich, habe es eine „Früher war alle besser“-Mentalität und herrsche im Unternehmen Frustration über die zu langsame Geschwindigkeit, so sei das Einführen agiler Methoden noch lange keine Garantie dafür, dass sich etwas verändere. Mit der Methode sei es nicht plötzlich so, dass Timings eingehalten würden oder das Team flexibel auf Veränderungen reagiere.

„Viele denken, dass Methoden die modernen Wunderwaffen sind. Per Knopfdruck soll sich plötzlich alles verbessern. Doch das ist eine Illusion. Methoden sind wie ein Rahmen, der mit Haltung gefüllt werden möchte“, verdeutlicht Jutta Reichelt.

Wer eine systemische Haltung habe, führe Methoden systemisch durch – das gelte auch, wenn eine agile Haltung vorherrscht, dann würden aus Methoden agile Methoden. Und wer nach wie vor eine Top-down-Haltung habe, werde Methoden von oben herab durchführen. Entscheidend bei der Anwendung von Methoden seien somit die Führungskraft und ihre Haltung. Häufig hört Jutta Reichelt bei ihrer Arbeit mit Unternehmen und Organisationen folgenden Satz: „Wir machen Scrum.“ Was dies in ihr auslöst, beschreibt die Ratgeberin wie folgt: „Ich werde dann hellhörig, denn in der Regel deutet das darauf hin, dass die eigene innere Haltung, das Verinnerlichen der agilen Philosophie, außen vorgelassen wurde. Nur allein durch Rahmenwerke wie Scrum und Kanban werden nicht automatisch agile Teams erzeugt.“

Die Kunden von Jutta Reichelt wünschen sich jedoch meist ein Portfolio an Methoden, das den Alltag und die Arbeitsweisen in Teams verbessern soll. Die Hoffnung liege darin, dass diese die ultimative Lösung für Herausforderungen seien. „Und funktioniert die ausgesuchte Methode nicht, dann wird einfach die nächste aus dem Koffer gezogen“, so Jutta Reichelt. In der Praxis sehe das Ganze dann so aus, dass, wenn Scrum keinen Erfolg bringt, auf Kanban umgesattelt wird. Helfe dies dann ebenfalls nicht weiter, mache sich Enttäuschung breit. Wurden alle Methoden einmal durchprobiert, bleibe oft nur Ratlosigkeit. Aus diesem Grund macht Jutta Reichelt noch einmal deutlich, dass nicht die Methode den Unterschied macht, sondern die Einstellung und die daraus neu entstehende Kultur.

Sie appelliert an alle Unternehmen, die eine neue Methode etablieren wollen, einen Blick auf die Einstellung zu werfen. Im Hinblick darauf könne man sich einige Fragen stellen, beispielsweise mit welcher Perspektive auf das Team geblickt wird, wie geführt wird und was Führung für die Person bedeutet, welche Glaubenssätze der Umsetzung einer Methode im Weg stehen oder wohin man mit dem Team wolle. 

„Häufig braucht es nämlich gar keine neue Methode, sondern nur Reflektion und Kommunikation. Wenn der Fokus nach innen auf die Identität und Führungskompetenz gelegt wird, ist das der erste wichtige Schritt“, rät Jutta Reichelt. Auf dieser Basis gelte es dann, die Fähigkeit des aktiven Zuhörens und die Akzeptanz der Individualität im Team aufzubauen, damit Blockaden aus dem Weg geräumt werden. Auch der Ansatz des Servant Leaderships sollte weiterverfolgt und gefördert werden. „Ich selbst bringe in unserer Zusammenarbeit auch immer nur mich mit – und der Methoden-Koffer wird erst zum Schluss ausgepackt“, fügt Jutta Reichelt abschließend hinzu.