Braucht es einfach nur externe Ressourcen oder liegt das Problem ganz woanders?

Die Vorgaben steigen und lassen sich mit den vorhandenen Ressourcen einfach nicht umsetzen? Was wäre es da nicht schön, wenn die Mitarbeitenden plötzlich zu achtarmigen Oktopoden mutieren und damit viel mehr Aufgaben gleichzeitig erledigen könnten. Wir sind uns wohl darin einig, dass dies reine Fantasie ist. Doch was passiert stattdessen? Der Ruf nach mehr Mitarbeitenden wird laut, damit die Arbeitslast, die gerade gestemmt werden muss, auch bewältigt werden kann. Wie ist es, wenn ich Ihnen sage, dass der eigentliche Grund für Unproduktivität und ineffiziente Abläufe gar nicht immer in einem Ressourcenmangel liegt …

In vielen Unternehmen herrscht die weitverbreitete Annahme, dass fehlende Ressourcen die Wurzel allen Übels sind. Doch in Wahrheit sind es oft fehlende zwischenmenschliche Interaktionen und ineffiziente Prozesse, die die Produktivität behindern. Wagen wir also einen Blick über den Tellerrand und befreien uns von diesem Denkmuster.

Sind neue Mitarbeitende die Lösung?

Nehmen wir als Beispiel ein aufstrebendes Softwareunternehmen, das mit einer enormen Nachfrage nach seinen Produkten konfrontiert ist. Das Management ist überzeugt, dass der Mangel an Ressourcen – insbesondere an Entwicklern – der Hauptgrund für Verzögerungen und lange Wartezeiten bei Kundenanfragen ist. Die naheliegende Lösung: Neue Mitarbeiter einstellen, um die Arbeitsbelastung zu verringern. Das mag einfach klingen, allerdings bedeutet dies auch, höher Kosten, einen Mehraufwand an Zeit und Energie, um die geeigneten Bewerbenden herauszufiltern usw. Dann kommt noch eine intensive Einarbeitung hinzu, die Führungsperson wird mehr gefragt und bis der neue Mitarbeitende wirklich voll zum Unternehmen beiträgt, dauert es gut und gerne ein halbes Jahr. Halten wir jetzt einen Moment inne und schauen uns an, was eine Analyse in dem Softwareunternehmen ergeben hat: Die eigentliche Ursache für die Unproduktivität liegt in ineffizienten Kommunikationsabläufen und unklaren Zuständigkeiten. Das Problem lag also gar nicht im Ressourcenmangel.

Effizient ist es also, sich zuallererst damit zu beschäftigen, welche Interaktionen in den Teams oder auch abteilungsübergreifend dafür gesorgt haben, dass es zu Engpässen und Überlastung kam. Im zweiten Schritt geht es dann darum, diese zu verändern und festzuhalten, welche Folgen das auf die Mitarbeitenden hat. Es gilt somit, den Blick zuerst nach innen zu richten und das bestmögliche zu tun, damit die Aus- und Belastung heruntergefahren werden. Danach wird meist deutlich, ob es überhaupt externe Ressourcen braucht bzw. wie viel davon nötig ist.

Oft wird der Fokus im Unternehmen allein auf die Prozesse gelegt – einstimmig heißt es, dass diese zu langsam sind. Das mag einen großen Teil der Unproduktivität ausmachen, es ist jedoch nur ein Symptom und nicht die Ursache. Die Frage, warum bestimmte Prozesse nicht schon längst angepasst wurden, führt uns zu der Erkenntnis, dass es bestimmte zwischenmenschliche Interaktionen gibt, die für die ineffizienten Abläufe verantwortlich sind. Es ist daher wichtig, die Ursprünge der Probleme im Inneren zu identifizieren, sich zu verändern und schlanke Prozesse zur Produktivität umzusetzen. Drei Themenfelder sind sehr interessant, wenn es darum geht, welche fehlenden menschlichen Interaktionen zu Ineffizienz beitragen:

Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden

Es mangelt oft an Gesprächen über die Stärken der Mitarbeitenden und wie sie diese in ihrem Arbeitsalltag nutzen. Welche Aufgaben fallen dem Mitarbeitenden leicht und gehen ihm relativ schnell von der Hand? Wann ist er im Flow und hat keine Schwierigkeiten, Arbeiten auszuführen? Dabei geht es nicht um Spaß oder Freude an den Aufgaben, sondern darum, was einem besonders leichtfällt. Genauso wichtig ist es, sich mit den Schwächen auseinanderzusetzen. Was fällt dem Mitarbeitenden schwer? Wo investiert er Zeit in etwas, das ein anderer deutlich schneller erledigen könnte? Hier lohnt sich ein genauerer Blick, um herauszufinden, ob die Aufgaben im Team oder der Abteilung sinnvoll nach Stärken und Schwächen verteilt sind.

Häufig wird durch unterschiedlichste Maßnahmen versucht, Schwächen auszugleichen, damit ein Mitarbeitender in das Team oder zum Aufgabenfeld passt. Das mag sinnvoll erscheinen, wenn der Mensch in eine gewisse Form gepresst werden soll oder mehr Harmonie gewünscht ist. Hinsichtlich der Produktivität ist das allerdings mehr als kontraproduktiv. Wenn Engpässe ausgelastet werden sollen, ist es die Aufgabe der Führungsperson, die Mitarbeitenden in Aufgabenfelder einzuteilen, die ihren Stärken entsprechen und Schwächen berücksichtigen, damit diese ausgeglichen werden können.

Leistet zum Beispiel ein Entwickler hervorragende Arbeit, wenn es darum geht neue Software zu entwickeln, ist aber regelmäßig genervt von Teambesprechungen, Diskussionen und Retrospektiven, die er als verschwendete Zeit ansieht, die ihn von der Arbeit abhält, dann sind dies Faktoren, die ihn zur Unproduktivität verleiten. Führungspersonen sollten solche Aussagen ernst nehmen und den Fokus darauf richten, wie die Mitarbeitenden am produktivsten sein können. Dafür braucht es kein homogenes Team, in dem (künstliche) Harmonie herrscht, denn wir Menschen sind alle individuell und haben unterschiedliche Bedürfnisse, die es zu nutzen gilt, um die Produktivität zu steigern.

Zeitfresser und Blockaden

Mit welchen Zeitfressern, Blockaden und unnötig langen Prozessen müssen die Mitarbeitenden umgehen? Was behindert sie in ihrer Produktivität und gibt es Konflikte, durch die Mitarbeitende vom eigentlichen Weg abkommen? Um dies zu identifizieren, nutze ich gerne ein Blockaden-Board. Auf diesem lassen sich Hindernisse visualisieren, kategorisieren und schrittweise beseitigen oder reduzieren. Wichtig hierbei ist, dass die Teilnahme freiwillig ist, denn unter „Zwang“ kommen keine guten Ergebnisse zustande. Zudem muss die Führungsperson dafür sorgen, dass den Mitarbeitenden dafür die nötigen Freiräume eingeräumt werden. Denn nichts ist ineffektiver, als den Mitarbeitenden immer mehr Aufgaben aufzuhalsen, die sie realistisch betrachtet nicht abarbeiten können. Das führt nur zu Frustration und liefert keine Ergebnisse.

Gemeinsam für sich Freiräume zu schaffen, effizienter zu werden, zu sehen, was geschafft wurde und was für einen Beitrag jeder für die Gemeinschaft geleistet hat, steigert ungemein das WIR-Gefühl und die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen.

Arbeits- und Ergebnisbilanz

Wie steht es im Unternehmen um die Arbeits- und Erfolgsbilanz? Oft erlebe ich, dass die Terminkalender der Führungspersonen überquellen und sie erst in zwei oder drei Wochen überhaupt Zeit für ein Gespräch finden. Zudem klagen sie darüber, dass keine Zeit bleibt, die Termine vor- oder gar nachzubereiten, geschweige denn das dort vereinbarte umzusetzen. Sie sind vollauf beschäftigt und ihre Arbeitsbilanz ist herausragend. Doch auf der Gegenseite steht eine kleine, traurige Ergebnisbilanz. Es herrscht also eine Dysbalance zwischen der Arbeit, die getan wird und den Ergebnissen, die sie erzielen soll. Auch bei Mitarbeitenden lässt sich dieses Phänomen beobachten, denn sie klagen ebenso darüber, dass sie in so vielen Terminen und Abstimmungsprozessen gefangen sind, dass sie gar nicht mehr zum Arbeiten kommen.

Es ist wichtig, ungestörte Arbeitszeit zu ermöglichen, die in vielen Unternehmen viel zu kurz kommt. Wie die Führungskräfte auch, sind die Mitarbeitenden in einem Termin nach dem anderen, bearbeiten zwischendurch E-Mails und Anrufe mit Fragen zu unterschiedlichsten Themen. Die Arbeitszeit fühlt sich dadurch fremdbestimmt an und es kommt zu keinen echten Ergebnissen. Hilfreich ist, einmal zu definieren, wie viel ungestörte Zeit jeder Mitarbeitende benötigt, um seine Aufgaben zu erledigen. Je nach Position, Verantwortungsgebiet und Aufgaben variierte diese Zeit. Eine Möglichkeit, um das ungestörte Arbeiten zu fördern, können sogenannte Deep-Work-Stunden sein. Diese können etwa vormittags, nachdem alles besprochen und wichtige E-Mails beantwortet wurden, stattfinden. In diesen ein bis zwei Stunden sollte das Mailprogramm, interne Chatprogramm oder Telefon ausgeschaltet (oder umgeleitet) werden. Es gibt mittlerweile auch lustige Gadgets, die sich Mitarbeitende im Büro an ihren Bildschirm pinnen können und mittels einer roten oder grünen Fahne zeigen, ob der Mitarbeitende gerade frei ist oder beschäftigt. Wie effektiv das Ganze ist, hängt natürlich immer von der konsequenten Umsetzung ab. Das Ziel sollte eine Haltung im Unternehmen sein, die klar zeigt, dass ungestörte Arbeitszeit zu mehr Produktivität und damit zum Erfolg beiträgt.

Fazit: Es liegt nicht immer an fehlenden Ressourcen

Unproduktivität und Ineffizienz sind oft kein Ergebnis von fehlenden Ressourcen, sondern resultieren aus mangelnden menschlichen Interaktionen und ineffizienten Prozessen. Es ist entscheidend, Engpässe optimal auszulasten und Potenziale freizusetzen, bevor man nach externen Ressourcen sucht. Durch die gezielte Nutzung der Stärken und das Ausgleichen der Schwächen der Mitarbeitenden, die Identifikation und Beseitigung von Zeitfressern sowie die Schaffung von ungestörter Arbeitszeit lässt sich die Produktivität steigern. Es ist überraschend, wie viele Freiräume mit der Zeit entstehen und welche neuen Interaktionen sich im Unternehmen etablieren, wenn alle gewillt sind dazuzulernen und interne Unproduktivität auszuschalten.

Wenn auch Sie Ihren Engpass optimal auslasten und ungenutztes Potenzial in Ihrem Unternehmen, Ihrer Abteilung oder Ihrem Team freisetzen möchten, empfehle ich Ihnen, sich einen Blick von außen zu holen. Ein externer Berater kann Ihnen mit neutraler Unterstützung helfen, die richtigen Schritte zur Steigerung der Produktivität zu unternehmen. Vereinbaren Sie dazu gerne einen persönlichen Termin mit mir oder schreiben Sie eine Nachricht auf LinkedIn.