Lassen sich Kündigungen vermeiden?

Warum Symptombekämpfung bei zu viel Bewegung im Personal nicht hilfreich ist und wie man dieser entgegensteuert, erläutert Jutta Reichelt

Selbstverständlich kann es, aufgrund veränderter Lebensumstände, zu unvermeidbaren Kündigungen kommen. „Jede Kündigung, die vermeidbar wäre, ist aber eine unnötige Kündigung“, so Jutta Reichelt. Entsprechend müsse das Rad dieser Art von Kündigungen gestoppt und eine Automatisierung verhindert werden.

Im Regelfall seien es die „lauten“ Mitarbeiter, die zu einer Kündigung tendieren. Aufgrund ihrer hohen Einsatzbereitschaft, kritischer Reflexion sowie ihres Muts zur Ansprache unangenehmer Themen zeigen sie eher Präsenz und fallen entsprechend im Team und bei der Geschäftsführung auf. Oftmals fehle ihnen für ihre Einsatzbereitschaft die Wertschätzung des Gegenübers, wodurch ihre Frustration erhöht wird und in letzter Konsequenz zur Kündigung führt. „Mit jedem Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt, geht auch immer ein Stück wertvolles Wissen verloren“, bemängelt Jutta Reichelt und gibt zu bedenken, dass das Anlernen neuer Mitarbeiter die Produktivität verlangsamt und aufhält.

 

Ist „Dienst nach Vorschrift“ besser?

Meistens bleiben Mitarbeiter aufgrund von Zweifeln bezüglich des Alters oder fehlender Ausbildungen eher in einem Unternehmen. Ebenfalls könne sich das Frustpotenzial und ihre Entmutigung steigern, wenn sie mitbekommen, dass ihre „lauten“ Kollegen mit ihrem Handeln scheitern. Ein anderer Teil der bleibenden Mitarbeiter habe die Fähigkeit, berufliches strickt vom Privaten zu trennen und leiste Dienst nach Vorschrift. Gelegentlich könne es auch Mitarbeiter geben, die den „Absprung“ versäumt haben und aufgrund fehlender Fähigkeiten im Unternehmen verharren.

 

Genau hinhören

Im Falle einer Kündigung sei genaues Hinhören geboten und darauf zu achten, inwieweit Kündigungen innerhalb der Unternehmenskultur bereits verankert sind. Besondere Vorsicht sei dann geboten, wenn der entsprechende Mitarbeiter für die Kündigung gelobt oder möglicherweise beneidet wird. Hierbei gelte es, auf die Schritte des Unternehmens sowie der Umsetzung des Gesagten zu achten. „Eine hohe Personalfluktuation zeigt sich ebenfalls im Außenbild und führt unweigerlich zu unzufriedenen Kunden“, akzentuiert die systemische Beraterin.

Ein einfaches Bekämpfen der Symptome, die in einem Unternehmen immer wieder auftreten, reiche nicht aus. Oftmals versuche man über komplizierte Umwege etwas zu bekämpfen, was eigentlich einer Erneuerung bedarf. Entsprechend sei eine ganzheitliche Betrachtung der angesammelten Probleme unabdingbar.

 

Gründe und Hintergründe für eine Kündigung

Zu viel Bewegung im Personal entstünde unter anderem aus der zu weiten Entfernung des Top Managements zum Mitarbeiter, das deshalb entsprechende Anzeichen zu spät erkennt und handelt. Häufig schwinge ebenso eine gewisse Erleichterung mit, wenn „laute“ Mitarbeiter die Kündigung einreichen. Damit alle Systeme eines Unternehmens reibungslos funktionieren, benötige es laut des Rangdynamikmodells nach Raoul Schindler, eine dynamische Verteilung aller Aufgabenfelder auf verschiedene Positionen. „Schindler definierte fünf Positionen: Alpha, Beta, Omega und Gamma. Die Rolle Omega, die dynamisch je nach Aufgabentyp wechselt, wird häufig als Kritiker und Nörgler angesehen. Sie ist allerdings eine starke Position, denn diese Fähigkeit fehlt den Alpha-Positionen“, führt Jutta Reichelt aus. Das Beste sei es, wenn Menschen, die die Gruppe je nach Aufgabe führen, zielorientiert sind, inhaltliche Impulse geben, mit den Omegas zusammenarbeiten. „So entstehe ein Austausch von lösungsorientierten und problemorientierten Menschen aus zwei unterschiedlichen Perspektiven“, vermerkt Jutta Reichelt.

„Wichtig ist das Ganzheitliche zu sehen und an den nötigen Stellen anzusetzen, um nicht nur Symptome zu bekämpfen, sondern Mitarbeiter dauerhaft im Unternehmen zu halten, damit das Wissen weiterhin im Unternehmen bleibt“, betont Jutta Reichelt abschließend.