Meine Mitarbeitenden übernehmen keine Verantwortung – oder liegt es doch an mir?

Haben Sie das Gefühl, Ihre Mitarbeitenden kommen nicht voran, blockieren sich womöglich noch selbst und es herrscht Stillstand im Unternehmen? Müssen Sie Ihren Mitarbeitenden stets Anweisungen geben, ohne dass sie Eigenverantwortung übernehmen? Wünschen Sie sich als Führungskraft, dass Sie mehr Verantwortung abgeben können? – Nach wie vor sehnen sich Führungskräfte nach mehr Einsatz von Mitarbeitenden. Dabei reicht es in der Regel nicht aus, lediglich einen Wunsch zu äußern.

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Verantwortung übergeben ist leicht gesagt – in der Umsetzung wird klar, dass dies ein herausforderndes Unterfangen ist. Immer mehr Führungskräfte wollen Verantwortung an ihre Mitarbeitenden abgeben, um Selbstorganisation im Team zu steigern und somit die Produkte und Dienstleistungen weiterzuentwickeln. Gemeinsam Verantwortung übernehmen, gemeinsam Synergien nutzen, gemeinsam Vorankommen – indem sich jeder mit dem Unternehmen identifiziert und seine Stärken nutzt. Im Grunde genommen sind viele auf der Suche nach einem ganzheitlichen Ansatz, weg von der Manifestierung hin zu einem wertschätzenden Miteinander, bei dem alle an einem Strang ziehen. Wie gelingt das?

 

Das Mitarbeiter-Mobile

Ähnlich wie bei einem Mobile gibt es auch in Unternehmen unterschiedliche Gruppierungen. Innerhalb dieser Gruppierungen gibt es verschiedene Beteiligte, die das Gleichgewicht halten und für Balance sorgen. Wird bei dem Mobile nun an einem Strang gezogen, gerät die Balance oder die Richtung direkt ins Schwanken. Kommt ein Windstoß verheddern sich die einzelnen Stränge und es entsteht ein Kuddelmuddel, bei dem keiner mehr durchsieht. Führungskräfte haben den größten Hebel, um Balance zu erzeugen. Sie haben allerdings auch den größten Hebel, um Disbalance in das Mobile zu bringen. Von Ihnen „hängt viel ab“. Und dieses Gewicht möchte oft auf die unteren Ebenen verteilt werden. Dort entsteht sehr schnell der Wunsch, die Mitarbeitenden sollen dieses Gewicht tragen und in Selbstorganisation diesen Job übernehmen. Das ist vollkommen verständlich! Leider ist das nicht einfach so realisierbar. Verantwortung abgeben, bedeutet ein Aushandeln der Bedingungen mit dem der Verantwortung annehmen soll. Was es bedarf, um gemeinschaftlich dieses Gewicht zu tragen, ist ein ganzheitlicher Ansatz mit Basis:

 

Es fängt wieder bei einem selbst – bei der Führungsperson an:

Um hinsichtlich der eigenen Haltung gut zu diesem Thema aufgestellt und inhaltlich vorbereitet zu sein, können folgende Fragen unterstützen:

 
  • Kann ich als Führungsperson auch wirklich Verantwortung abgeben oder spreche ich nur darüber, dass andere die Verantwortung nicht übernehmen können? Und woran merken meine Mitarbeitenden überhaupt, dass ich Verantwortung abgeben möchte?
  • Zeige ich meinen Mitarbeitenden gegenüber Vertrauen – sprich, dass sie auch Fehler machen dürfen und mit diesen Fehlern auf mich zukommen können?
  • Schütze ich meine Mitarbeitenden, sodass sie nicht mit Arbeit überladen sind und sich dementsprechend auch neuen Verantwortungsbereichen widmen können?
  • Fühlen Sie sich durch Ihren Einsatz als Führungsperson wertgeschätzt – so dass Sie auch wirklich bereit sind, Verantwortung abzugeben?
  • Was für konkrete Erwartungen haben Sie an die Mitarbeitenden? Wie haben Sie diese bereits kommuniziert?
  • Wissen Ihre Mitarbeitenden eigentlich etwas über Ihre Ansichten zu diesem Thema?
 

Anteile der Positionierung aller Elemente des Mobiles:

  • Befinden sich alle Mitarbeitenden auf der richtigen Position, um Verantwortung zu übernehmen oder sind sie unpassend positioniert bzw. benötigen sie noch Unterstützungsbedarf in dem abzugebenden Thema?
  • Übernehmen die Mitarbeitenden zwar Verantwortung, stoßen allerdings an ihre Grenzen, wenn es an die Umsetzung geht? Gibt es möglicherweise Blockaden hinsichtlich der Schnittstellen mit anderen Teams?
  • Zog gerade evtl. ein Sturm durch ihr Organisations-Mobile oder gibt es eine Disbalance, so dass evtl. erst einmal „Aufräumarbeit“ sinnvoller wäre?
 

Anteile der Mitarbeitenden direkt unter Ihnen:

  • Sind die Mitarbeitenden intrinsisch motiviert und möchten das Unternehmen/Team zum Erfolg führen?
  • Wer fragt nach mehr Verantwortung, wer verhält sich hingegen zurückhaltend bezüglich dieser Thematik?
  • Sprechen die Mitarbeitenden ihre Wünsche proaktiv an und teilen sie schon Ideen zur Ausgestaltung mit?
  • Fühlen sich die Mitarbeitenden respektiert und wertgeschätzt – so, dass sie dieselbe Richtung wie Sie oder die Organisation anstreben? Wenn ja, woran machen Sie das fest?
 

Anteile der Interaktion zwischen Führungskräften und Teams – sprich: sämtliche Bänder des Mobiles:

  • Kommunizieren die Teams sowie Führungskräfte offen miteinander?
  • Geht es ausschließlich um Leistungen oder auch um das Zwischenmenschliche? Zählt nur das Erbrachte oder auch die Person, die mit der zugetragenen Verantwortung und dem Thema neu experimentiert?
  • Was geschieht beim Misserfolg? Wie gestaltet sich die Fehlerkultur des Unternehmens bzw. des Teams? Was wird kommuniziert, ritualisiert und mitgenommen?
  • Wurde über den „Worst Case“ gemeinsam mit allen Mitarbeitenden gesprochen?
  • Wie transparent sind die Rahmenbedingungen der Teams und der Mitarbeitenden?
  • Was sind Windstöße, welche die Ordnung im Team durcheinander wirbeln können?
 

Der Mensch muss ganzheitlich betrachtet werden – hilfreiche Tipps & Tricks:

Wie es die kompakte Aufzählung zeigt, gibt es bei diesem Thema nicht ausschließlich die beiden Aspekte – Mitarbeiter und Verantwortung. Vielmehr arbeiten Unternehmen mit verschiedenen Menschen zusammen, wobei der Mensch stets ganzheitlich betrachtet werden sollte – wie ein Mobile im Kleinformat mit seinen unterschiedlichen Systemen (beruflich, privat), seinen Rollen in diesen Systemen und seinen Anteilen, die ihn zur Balance sowie Disbalance antreiben.

An dieser Stelle ist es für Unternehmen ungemein hilfreich, wenn sie einen geschützten Raum schaffen. In diesem sollten Mitarbeitende offen und ehrlich über alles sprechen sowie einzelne Themen reflektieren können – ohne dass etwas davon nach außen dringt bzw. negative Konsequenzen mit sich zieht. In der Agilität gibt es die Vegas-Regel, die v.a. bei Reflektions-Terminen genutzt wird. Sie besagt: „Alles, was wir hier besprechen, bleibt unter uns. Es sei denn, wir vereinbaren eine Öffnung.“

Sollten Sie einen solchen Raum bisher noch nicht gestaltet haben, gibt es einen weiteren hilfreichen Tipp – die Einführung von Retrospektiven. Diese sind regelmäßig stattfindende, kurzweilige Arbeitsmeetings mit angenehmer Moderation, in der alle Teilnehmenden Spaß haben und sich aktiv am Lösen von Problemen beteiligen können. Außerdem schaffen sie einen Raum, an dem auch emotionale Themen zur Sprache gebracht werden dürfen. Es kann ehrlich über Blockaden gesprochen werden, ebenso wie über Frust und Fortschritt und über Stillstand und Veränderungen. Ziel ist es, Schritt für Schritt die Zusammenarbeit im Team zu verbessern.

Wenn Sie mehr über Retrospektiven wissen möchten oder mit mir über das Thema Selbstorganisation in Ihrem Team ins Gespräch gehen wollen, dann melden Sie sich gerne bei mir.